Weniger ist mehr. Ein Werkzeugkasten für moderne Förderstiftungen

Anfang September ist die Publikation «Weniger ist mehr» erschienen. 30 Stiftungsmitarbeiter:innen aus der Schweiz und Deutschland zeigen an Beispielen aus ihrer Praxis, wie Stiftungen fair und flexibel fördern können. SwissFoundations hat sich mit Karsten Timmer, einem der Initianten der Publikation, unterhalten.

SwissFoundations: Herr Timmer, der neue Leitfaden trägt den Titel: „Weniger ist mehr“. Was dürfen wir darunter verstehen?

Karsten Timmer: Die Leitidee der Publikation ist, dass Stiftungen gegenüber den Förderprojekten weniger regulieren und kontrollieren sollten. Die letzten 20 Jahre waren von einem Trend zu immer mehr Auflagen, Kontrolle und Vorschriften geprägt, die Stiftungen den geförderten Projekten auferlegt haben. Bei den Organisationen erzeugt das allerdings viel Aufwand und viel Ineffizienz, zum Beispiel wenn man für kleine Förderungen umfangreiche Gesuche oder massgeschneiderte Berichte erstellen muss. Darum spricht der Titel hoffentlich für sich: weniger Auflagen und weniger Bürokratie führen zu mehr Flexibilität und mehr Wirkung.

In der Publikation geht es also vor allem darum, wie Stiftungen den Gesuchsprozess besser gestalten können?

Der Antragsprozess ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt. Wir haben versucht, den gesamten „work-flow“ einer Förderstiftung abzubilden: von der Gesuchstellung über die Förderverträge, die Projektbindung und das Berichtswesen bis hin zu der Frage, wie Stiftungen die Zusammenarbeit während der Förderung gestalten können.

Was macht das Buch zu einem „Werkzeugkasten“, von dem im Untertitel die Rede ist?

Viele Stiftungen haben sich in letzter Zeit Gedanken darüber gemacht, wie sie unnötige Bürokratie abbauen können. Die „Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte“ aus Winterthur zum Beispiel verzichtet inzwischen darauf, schriftliche Berichte von den Förderprojekten einzufordern. Sie setzt stattdessen auf regelmäßige Gespräche, weil die nicht nur weniger Aufwand machen, sondern auch zu besseren Erkenntnissen führen. Für die Publikation haben wir solche Beispiele gesucht und zusammengetragen. Stiftungen, die auf der Suche nach Ideen und Tools für die Förderarbeit sind, können sich dort ganz gezielt diejenigen Ansätze rauspicken, die zu ihnen passen.

Das Buch nutzt die Schwarmintelligenz des Sektors. Können Sie uns mehr dazu sagen, wie die Publikation entstanden ist?

Uns war es sehr wichtig, dass der Leitfaden möglichst viele Perspektiven abbildet, um für möglichst viele Stiftungen anschlussfähig zu sein. Wir haben daher eine Gruppe von gut 30 Stiftungskolleg:innen aus der Schweiz und Deutschland zusammengetrommelt. Sie kommen aus grossen und kleinen Stiftungen und decken ganz unterschiedliche Tätigkeitsbereiche ab. Was die Gruppe verbindet, ist eine gemeinsame Haltung; nämlich den Förderpartnern respektvoll, wertschätzend und konstruktiv zu begegnen. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen haben wir gute Beispiele aus vielen Stiftungen zusammengetragen und die Publikation gemeinsam erstellt.

Ist die Arbeit damit abgeschlossen?

Nein, die Publikation soll erst der Anfang sein. Sie ist sozusagen eine Momentaufnahme, mit der wir eine breite Diskussion anstossen möchten. Auf der Website www.weniger-ist-mehr.org rufen wir weiterhin dazu auf, gute Beispiele beizutragen, so dass die Sammlung kontinuierlich wächst. Die Hoffnung ist, damit eine Plattform zu schaffen, die Stiftungen in Zukunft als Referenz dient, wenn es darum geht, den Förderprozess zu gestalten.

Gibt es noch andere Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen?

Ja, denn „weniger ist mehr“ ist eng mit dem Webtalk #ImpulseStiften verbunden, in dem wir jede zweite Woche, immer dienstags um 9:00 Uhr, über aktuelle Fragen und Herausforderungen für Förderstiftungen diskutieren. Diese beiden Projekte befruchten sich gegenseitig. Bei beiden geht es darum, Stiftungen im deutschsprachigen Raum mit guten Beispielen zu inspirieren – und beide sind kostenlos und offen für alle.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Die Publikation „Weniger ist mehr“ steht unter folgendem Link zum Download zur Verfügung www.weniger-ist-mehr.org

Die nächsten Termine von #ImpulseStiften sind im SwissFoundations Eventkalender ersichtlich.

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