Dynamisch und zeitgemäss – Der Schweizer Stiftungssektor im Wandel der Gesellschaft
Mit 349 neu gegründeten Stiftungen hat das Wachstum des Schweizer Stiftungssektors auf das Niveau der Vorjahre zurückgefunden. Das Schweizer Stiftungswesen zählte Ende 2019 13’293 gemeinnützige Stiftungen. Aber auch die Liquidationen erreichen mit 216 aufgelösten Stiftungen einen neuen Rekord.
Bisher folgt das Gesetz noch immer dem Idealbild einer Stiftung von vor über 100 Jahren: Ein Stifter gründet meist von Todes wegen eine gemeinnützige Stiftung, versieht diese mit einem Zweck sowie einem für die Ewigkeit vorgesehenen Vermögen und richtet daraus Vergabungen an Dritte aus. Die jährlich erhobenen Zahlen im Schweizer Stiftungsreport zeichnen jedoch ein anderes Bild. Ganz zu schweigen von der Vielfalt an Stiftungstypen, wie Dachstiftungen oder Verbrauchsstiftungen, sind knapp 70% aller gemeinnützigen Stiftungen in den letzten 30 Jahren entstanden. Bei den Umweltstiftungen wurden 43% sogar erst nach 2010 gegründet. Im Heute verankert zeigen sich auch die Zweckbereiche: Gesellschaftliche Themen wie Politik und Interessenvertretung (5,4%) sowie Umweltschutz (12%) nehmen bei den neugegründeten Stiftungen im Vergleich zum Gesamtbestand an Bedeutung zu.
Koalition auf europäischer Ebene trägt Früchte
Das veraltete und teilweise auch klischeebehaftete Bild von Stiftungen führt oft dazu, dass sie in der Gesetzgebung nicht spezifisch berücksichtigt werden, woraus sich weitreichende Folgen in der Praxis ergeben können. Zuletzt wurde dies bei den Plänen des Bundesrats deutlich, die Vorschriften zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) auch auf gemeinnützige Stiftungen auszuweiten und diese analog zu Finanzinstituten der Meldepflicht zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zu unterstellen. Ende November 2019 wurde entschieden, die Ausnahmen für gemeinnützige Stiftungen und Vereine vorerst beizubehalten. Wesentlich dazu beigetragen hat der intensive Austausch von SwissFoundations mit anderen europäischen Verbänden und OECD-Vertretern.
Fortschritte bei den kantonalen Stiftungsstrategien
In das Verhältnis zwischen Politik und gemeinnützigem Stiftungssektor kommt auch national Bewegung. Gleich mehrere Kantone erarbeiten Strategien zur Förderung philanthropischen Engagements. Bern und Aargau, die sich bezüglich Stiftungsdichte beide im hinteren Drittel befinden (BE 13,2; AG 7; CH Durchschnitt 15,6), haben eine Studie in Auftrag gegeben, um Massnahmen für eine Förderung von Stiftungen und anderen privaten Förderern im Kulturbereich zu entwickeln. Genf und Waadtland engagieren sich bereits für mehr Stiftungen. Dort hat auf Initiative der Fondation Lombard Odier eine Arbeitsgruppe die philanthropischen Standortqualitäten der beiden Kantone untersucht.
Stiftungsengagement in Krisenzeiten und darüber hinaus
Die politische, ebenso wie die generelle Wahrnehmung verändert sich jedoch auch aufgrund des zunehmend sichtbaren Engagements von Stiftungen. Die aktuelle Corona-Krise zeigt deutlich, wie schnell sich der Sektor mobilisiert und auf eine aktive Kommunikation mit seinen Partnern setzt. Die Empfehlungen von SwissFoundations zu Stiftungssolidarität in Zeiten der Krise, ebenso wie andere internationale Aufrufe, schaffen Orientierung und tragen das Engagement über den Sektor hinaus. Welche Chancen damit verbunden sind, zeigen die drei Gastbeiträge von Dagmar Bühler-Nigsch, Geschäftsführerin der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts, Ruth Williams, Generalsekretärin des Verbands für gemeinnütziges Stiften in Österreich, und Max von Abendroth, Executive Director DAFNE.
Der Schweizer Stiftungsreport erscheint 2020 bereits in seiner elften Ausgabe und wird jährlich vom Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel, von SwissFoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftungen, und dem Zentrum für Stiftungsrecht an der Universität Zürich publiziert. Er enthält aktuelle Zahlen, Fakten und Trends aus dem In- und Ausland und soll zu einer besseren Wissensgrundlage im Stiftungswesen beitragen. Der Report erscheint in deutscher und französischer Sprache. Beide Versionen stehen unter www.stiftungsreport.ch kostenlos zum Download zur Verfügung.
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