Noise – oder wie Stiftungen bessere Entscheidungen fällen können
Welche Faktoren beeinflussen unsere Entscheidungen? Neben den viel diskutierten (unconscious) biases können auch zufällige Störungen, wie z.B. Hunger oder das Wetter, enorme Auswirkungen haben. Diese zufälligen Störungen hat der bekannte Nobelpreisträger Daniel Kahnemann 2021 im Buch „Noise“ untersucht. Regula Wolf von Con·Sense Philanthropy hat dieses Konzept in die Stiftungswelt übertragen und formuliert fünf Empfehlungen, wie Stiftungen bessere Entscheidungen fällen können:
1. Entscheidungen herunterbrechen in Unterurteile
Bei komplexen Entscheidungen, z.B. bei der Besprechung einer substanziellen strategischen Förderpartnerschaft, empfiehlt es sich, die Entscheidung herunterzubrechen in Unterurteile.
Das können sein: Beitrag an Erreichung der Stiftungsziele, Stabilität der Organisation, Bedarfsorientierung, Kooperation & Vernetzung mit zentralen Akteuren. Jedes Stiftungsratsmitglied fällt nun pro Kategorie ein Unterurteil – und zwar einzeln, nicht in der Gruppe! Anschliessend tauscht sich das Gremium auf dieser Grundlage aus. Hier ist der richtige Moment für das gute alte Bauchgefühl, die Intuition, die bei Entscheidungen nach wie vor nicht ausser Acht gelassen werden darf – sie darf einfach nicht von Beginn weg die Diskussion in die eine oder andere Richtung treiben.
2. Störungen ansprechen
Menschen sind keine Maschinen. Störungen wie Vorurteile, Interessenkonflikte, Schweigen von Andersdenkenden, Mangel an Sauerstoff, fehlende sachliche Grundlagen, Konzentration auf einen vernachlässigbaren Faktor rsp. Vernachlässigung eines zentralen Faktors, etc. gehören zum Alltag. Werden während einer Besprechung Störungen festgestellt, sollten diese angesprochen werden. Bei gewichtigen Entscheidungen lohnt es sich, eine:n internen oder gar externe:n „Entscheidungs-Beobachter:in“ zu benennen. Diese Person beobachtet die Diskussion und meldet sich, sollte er oder sie Störungen erkennen.
3. Evidenzbasierte Wissensgrundlagen
Verfügen alle Mitglieder des Stiftungsräts über dieselben sachlichen oder statistischen Informationen, so gelingt ihnen auch ein besseres Urteil. Wichtig ist, dass die Wissensgrundlagen keine Meinungen vorgeben, sondern pur sachlich informieren.
4. Vermeidung von Interessenkonflikten
Da sich Stiftungen selbst kontrollieren (sie haben keine Mitglieder oder Gesellschafter), besteht eine erhöhte Gefahr von Interessenkonflikten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Umgang mit Interessenkonflikten zu diskutieren und schriftlich zu regeln.
5. Besetzung der Stiftungsräte mit Expert:innen
Hört sich banal an, ist aber zentral. Wer über Fachwissen und Erfahrungen verfügt, ist sicherer im Urteil. Sind Personen im Stiftungsrat, die wenig Fachkenntnisse haben, haben sie oft auch keine klare Meinung. Solche Personen neigen dazu, der Mehrheit zu folgen. Das wiederum gibt jenen, die z.B. als erste reden und über ein gesundes Selbstvertrauen verfügen, überproportional viel Macht. Liegen diese jedoch falsch, kann es sein, dass das ganze Gremium diesen Personen mit bestem Wissen und Gewissen folgt und so in corpore in die falsche Richtung geht.
Den vollständigen Text von Regula Wolf finden Sie hier.
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