Corporate Foundations sollen als “eng verbundene Personen” gelten: Ein Praxisentwurf der ESTV mit weitreichenden Folgen
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) publizierte am 28. Januar 2022 ihren ersten Praxisentwurf zum Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) zum Thema «eng verbundene Personen». Hiermit soll definiert werden, wann bei einer Stiftung eine «enge Verbundenheit» zu einer Person oder Organisation vorliegt. Liegt eine enge Verbundenheit vor, hätte dies gemäss dem neuen Praxisentwurf weitreichende Folgen: sämtliche Naturalspenden, welche von Unternehmen an die Corporate Foundations gehen, müssten dann versteuert werden.
Am 1. Januar 2018 wurde mit Art. 3 lit. h Ziff. 2 ein neuer Artikel ins Schweizer Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) eingeführt: dieser definiert den Begriff der «eng verbundenen Person». Als eng verbundene Personen gelten demnach Stiftungen und Vereine, zu denen eine besonders enge wirtschaftliche, vertragliche oder personelle Beziehung besteht. Die Einführung des Artikels zielte insbesondere auf Vorsorge-einrichtungen ab. Gerade diese wurden aber während des Gesetzgebungsprozesses explizit vom Gesetzeswortlaut ausgenommen und gelten nicht als eng verbundene Personen. Demgegenüber werden aber vom Gesetzeswortlaut sogenannte Corporate Foundations erfasst. Corporate Foundations sind Stiftungen, die von Unternehmen gegründet werden und oft Teil der Corporate Social Responsability-Strategie der Unternehmen sind.
Leistungen von Unternehmen an ihre Corporate Foundations müssten versteuert werden
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) veröffentlichte jetzt, am 28. Januar 2022, ihren ersten Praxisentwurf zum MWSTG zum Thema «eng verbundene Personen». Beim Praxisentwurf handelt es sich um einen Entwurf zur Praxisfestlegung. Er definiert, wann genau bei einer Stiftung die enge Verbundenheit vorliegt. Eine Stiftung gelte demnach gegenüber einer Person oder Organisation namentlich dann als eng verbunden, wenn sie über keine eigenen Mittel und Ressourcen (Personal, Infrastruktur, flüssige Mittel usw.) verfügt, die es ihr ermöglichen, ihren Zweck zu erreichen. Zusätzlich müssten die benötigten Mittel und Ressourcen von dieser Person oder Organisation zur Verfügung gestellt werden, von welcher die Stiftung wirtschaftlich und personell abhängig sei. Weiter hält der Praxisentwurf fest, dass bei Naturalspenden an diese eng verbundenen Personen ein Leistungsverhältnis vorliege und es sich dabei aus Sicht des Spenders um eine entgeltliche Leistung handle, die dem Mehrwertsteuergesetz unterliegt. In der Folge richte sich die Bemessung nach Art. 24 Abs. 2 MWSTG, sodass sämtliche Leistungen zwischen der Stiftung und der Person oder Organisation zum Wert, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde, in Rechnung zu stellen seien. Dies kann weitreichende Steuerfolgen nach sich ziehen, da gemäss dem aktuellen Praxisentwurf Naturalspenden von Unternehmen an die Corporate Foundations versteuert werden müssten.
Die Frist zur Stellungnahme lief bis zum 1. März 2022. SwissFoundations wurde eine Fristerstreckung bis zum 9. März 2022 gewährt. Sehen Sie hier die aktuelle Stellungnahme von SwissFoundations zum ersten Praxisentwurf zum Mehrwertsteuergesetz vom 8. März 2022: Recht & Politik – SwissFoundations
Praxisentwurf der ESTV vom 28. Januar 2022, abrufbar unter https://www.estv.admin.ch/dam/estv/de/dokumente/mwst/konsultativgremium/entwurf1-ja/kg-eng-verbundene-personen.pdf.download.pdf/kg-eng-verbundene-personen-d.pdf
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